Jahresthema


Jahresthema 2022: »natur gemäß«

Das Jahresthema 2022 lautet »natur gemäß«

Trotz der bis heute anhaltenden eskalierenden Umweltzerstörung durch den Menschen gab und gibt es immer auch die Faszination an der Natur, an der Vielfalt und Schönheit der Schöpfung. Nach biblischem Verständnis ist die Schöpfung von Gott gut geschaffen und dem Menschen als Mitschöpfer zur Bewahrung und verantwortlichen Gestaltung anvertraut. Natur und Kultur sind keine Gegensätze, bedeutet Kultur doch nicht nur (Be-)Bauen und (Be-)Wohnen, sondern zugleich auch Pflegen und Ehren. Seit der Industrialisierung im 18. Jahrhundert ist der Mensch jedoch verstärkt dem Dilemma des Zerrissenseins zwischen der Sehnsucht nach dem Naturparadies und dem Fortschrittsdrang durch den Einsatz (und die Ausbeutung) von Naturressourcen ausgesetzt. Inzwischen haben aber die technischen und wirtschaftlichen Entwicklungen weltweit dermaßen überhand genommen, dass das Gleichgewicht zwischen Natur und »Zivilisation« schwerwiegend gestört zu sein scheint: Die Folge ist der menschengemachte Klimawandel, dessen Auswirkungen weltweit zu spüren sind und die Menschheit mit Pandemien und Wetterkatastrophen bedrohen. »Die Natur schlägt zurück« ist sicherlich eine etwas zu naive Deutung, sie verdeutlicht jedoch, dass Mensch und Natur in keinem guten Verhältnis mehr zueinander stehen. Was ist heute noch »naturgemäß«? Ist der Mensch Bestandteil dieser Natur und gehört es zu seinem Schicksal, dass er sie als seine eigene Lebensgrundlage zerstört? Oder können noch Fortschritte in eine »naturgemäßere« und damit auch menschenwürdigere Zukunft gemacht werden?

Jahresthema 2020: »zwischen ton art«

Wenn ein Instrument einen Ton spielt oder ein Mensch diesen Ton singt, dann erklingt nicht nur dieser einzelne Ton, sondern es schwingen die sogenannten Obertöne mit. Es sind also diese Zwischentöne, die den eigentlichen Klang und ein sinnlich erfahrbares Musikerlebnis erst ermöglichen. »Der Klang macht die Musik« – das lässt sich auch auf unser kulturelles und soziales Umfeld übertragen: Wie wir miteinander umgehen, wie wir uns für die eigenen und für fremde Klänge öffnen, hängt viel von der Fähigkeit des Stillwerdens und des Zuhörens ab – etwas, dass in unserem heutigen Zeitalter des Lärms nur schwer zu erlangen ist. Und wenn etwas klingt oder zum Klingen gebracht wird, dann muss das nicht nur auf das auditive Erlebnis beschränkt sein, der gesamte sinnliche und geistige Wahrnehmungsapparat des Menschen bietet Sensoren für unterschiedliche Klangwelten und kann in diese eintauchen, sich wie ein Instrument davon erfüllen lassen und sie entsprechend weitergeben. Als Grundvoraussetzung muss jedoch die Bereitschaft zur Aufmerksamkeit und zum Perspektivenwechsel vorhanden sein, um den Facettenreichtum der Zwischentöne erfahren zu können.

Fast alles in unserer Welt ist heute nur noch auf Schwarz oder Weiß, auf Laut oder Leise ausgerichtet, die vielen Zwischentöne und Klangfarben erkennen wir häufig nicht, da es an Muße und an Aufnahmebereitschaft fehlt. 2020 widmen wir deshalb in der Akademie diesem Klangkosmos der Zwischentöne mehr Raum und Zeit!

 

Jahresthema 2019: »licht einfall«

Aus dem Himmel eine Erde machen.
Aus der Erde einen Himmel.
Wo jeder aus seiner Lichtkraft einen Stern ziehen kann.

Rose Ausländer

Die Kraft des Lichtes ermöglicht Leben und gibt den Dingen ihre Farbe und Plastizität. Das Licht in der Dunkelheit oder »am Ende des Tunnels« kann als das Symbol schlechthin für das Göttliche gelten, für die Hoffnung oder für ein Leben nach dem Tod. Die jüdische Lyrikerin Rose Ausländer holt in ihrem Gedicht dieses göttliche Licht vom Himmel auf die Erde und lässt jeden Menschen bereits im Irdischen daran teilhaben. Sie geht sogar so weit, dass sie dem Menschen eine eigene Lichtkraft zuschreibt, die ihn befähigt, einen Stern entstehen zu lassen. Das Licht steht hier auch für das geistige und kreative Potenzial des Menschen, für seinen Erfindungsgeist und seine schöpferische Kraft.

Licht kann jedoch auch ganz nüchtern und kritisch Zusammenhänge ausleuchten, klar stellen, in den Fokus bringen. Und Licht ist heutzutage manchmal sogar etwas zu präsent: Das Kunstlicht und die digitale Welt schaffen eine permanente Beleuchtung, die den Menschen und die Natur nicht zur Ruhe kommen lassen.

Auf diese vielen Schattierungen des Lichtes soll der Spot für das Jahresthema 2019 gelenkt werden.

 

Jahresthema 2018: »emotion - was bewegt«

Emotionen sind Gemütsbewegungen positiver und negativer Art, die unmittelbar, ohne rationale Reflektion, ihren Ausdruck finden. Liebe und Hass, Mut und Angst, Freude und Trauer kann man zu den Hauptaffekten des Menschen zählen. Obwohl der homo sapiens als ein vom Verstand geleitetes Lebewesen gilt, sind seine Physis und Psyche nach wie vor maßgeblich von Emotionen geprägt, die als Verhaltensmuster das Überleben sowie das soziale Gefüge prägen. Neben diesen evolutionären Voraussetzungen gewinnen Emotionen in unserer heutigen hochtechnisierten und rationalisierten Welt einen neuen Stellenwert: Sie gelten als »authentische Empfindungen«, denen man im »postfaktischen Zeitalter« gerne eher trauen möchte als einer logischen, vom Verstand geleiteten Argumentation.

Emotionen können also beides: eine Kraft sein, die den Menschen zum Leben und Handeln befähigt und zu besonderen Ausdrucksformen beflügelt (wie z.B. in der Kunst und Musik); sie können aber auch den häufig notwendigen Verstand zu stark überblenden und zu Abstumpfung und oberflächlicher Gefühlsduselei verkommen.

Welche Bedeutung kann man der Emotion heute zuschreiben? Was kann Emotion bewegen, und was wird eventuell zu stark durch Emotionen bewegt?

Jahresthema 2017: »wahr nehmen«

Die Wahrnehmung ist eine grundlegende Fähigkeit jedes Lebewesens, die ihm Existenz und Orientierung gewährleistet. Für den Menschen ist die Wahrnehmung darüber hinaus eine wichtige Grundlage des Bewusstseins, mit deren Hilfe er das eigene Selbstverständnis und seine Umwelt konfigurieren kann. Über wahrnehmbare Zeichensysteme wie Sprache und Bilder erarbeitet sich der Mensch im Laufe seines Lebens ein Vokabular, das ihm die Erfahrung von Vergangenheit (Erinnerung), Gegenwart (Erlebnis) und Zukunft (Imagination) gleichermaßen ermöglicht.

Der Terminus »wahr nehmen« birgt jedoch noch eine weitere Bedeutung in sich. Über die rein sinnliche Wahrnehmung kann es zur Irritation bis hin zur Täuschung kommen. Des weiteren bedingen unterschiedliche physische, psychische und kultursoziologische Konstellationen auch verschiedene Wahrnehmungsmuster, die subjektive Weltsichten hervorrufen.

Besonders in der Philosophie, Religion und in der Kunst wird deutlich, dass die wahrnehmbare Oberfläche der Realität dem Menschen für seine Selbstfindung und Weltdefinition nicht ausreicht. Er wagt immer wieder den »Blick hinter die Kulissen« und sucht nach dem tieferen Kern der Dinge mit der Frage »Was kann für wahr genommen werden?«

Jahresthema 2016: »in/trans/formation«

Wohl niemals zuvor in der Geschichte war unser Leben in allen Bereichen – individuell und global – so vielen Wandlungen unterworfen wie heute. Eine fortwährend sich beschleunigende und kaum noch zu kontrollierende Umformung bislang gültiger Formen gesellschaftlichen Miteinanders und persönlicher Lebensgestaltung wird von den einen mit Sorge betrachtet, andere sehen hingegen die Chancen solcher Wandlungen für die freie Entfaltung des Individuums und für eine vernetzte Weltgesellschaft. Mit dem Jahresthema »in/trans/formation“ kommen Umformungs- und Verwandlungsprozesse in den Blick, die das komplexe Wechselspiel von Formgebung, Formveränderung und Neuformung bei der Weitergabe und Verarbeitung von Informationen in Gang setzen und es zwischen physisch-materiellen, biologischen oder elektronischen Codierungen und informationellen, geistigen Gehalten aufspannen.

Geist und Materie sind per se transformativen Vorgängen unterworfen. Der ständige Wandel und die Entstehung bzw. der Verfall von Strukturen sind die Basis allen Lebens. Über diese existentiellen Bedingungen hinaus gibt es Spuren und Zeichen von Transformationen, die zeitliche und räumliche Grenzen überschreiten und neue Formen, Bilder und Räume entstehen lassen durch Prozesse wie Metamorphose, Material- und Bedeutungswechsel, Erscheinung und Auflösung etc..

Auch in den Religionen, nicht zuletzt dem Christentum, spielt die Transformation eine entscheidende Rolle. Die Übergänge des Lebens, vom Nichts zum Sein, von der Geburt bis zum Tod, vom Tod zum Jenseits, werden in der Religion durch transformative Ereignisse symbolisiert, die auf überirdische oder auch göttliche Dimensionen verweisen. Mit Hilfe von Ritualen, die Transformationen ermöglichen, können diese Dimensionen für den Menschen erfahrbar werden.

Nicht zuletzt kann die Kunst ebenso auf transformative Prozesse verweisen, diese veranschaulichen und teilweise sogar in Gang setzen. Indem Kunst selbst als Transformator agiert, schafft sie Freiräume für Formbildung, Orientierung und Identifikation.

Die Veranstaltungen zum Jahresthema »in/trans/formation« unternehmen die Suche nach Phänomenen der Verwandlung und ihrer vielen Formationen und forschen nach Grundprinzipien der Transformation.