Zur Übersicht

»Zeig mir Dein Bild, damit ich von Dir lerne!«

13. Wertekonferenz mit Bezirksregierung Arnsberg und Unternehmensverband Westfalen-Mitte in der Akademie

Die diesjährige 13. Wertekonferenz, die von der Bezirksregierung Arnsberg, dem Unternehmensverband Westfalen-Mitte und der Katholischen Akademie ausgerichtet wird, stand am 08. November 2021 in der Akademie unter dem Motto »Von der kulturellen Kraft des Religiösen«. Akademiedirektor Prälat Dr. Peter Klasvogt führte in die Thematik ein, einmal mit dem Verweis auf den Ausspruch von Ernst Wolfgang Böckenförde, dass Religionen im freiheitlichen Staat die moralische Instanz für die Wertebildung darstellen müssen, sowie mit dem Zitat der Bitte des jüdischen Künstlers Felix Nussbaum, der 1944 von den Nazis in Auschwitz ermordet wurde: »Wenn ich untergehe, lasst meine Bilder nicht sterben, zeigt sie den Menschen.« 

Danach wurden von Regierungspräsident Hans-Josef Vogel zusammen mit einer Lehrer*innen- und Schüler*innen-Delegation Preise für innovative Schulprojekte rund um das Thema 1.700 Jahre Jüdisches Leben in Deutschland vergeben.

Der zweite Teil der Veranstaltung war eine Vortrags- und Diskussionsrunde, moderiert von Studienleiterin Prof. Dr. Stefanie Lieb, bei der drei Vertreter*innen der monotheistischen Religionen Judentum, Christentum und Islam ihre persönlichen Kunstbilder vorstellten, die etwas über die eigene Auseinandersetzung mit der Religion, aber auch die trialogischen Anknüpfungspunkte aufzeigten.

Die junge muslimische Künstlerin und Studentin an der Kunstakademie Münster, Tuğba Durukan, zeigte und erläuterte ihre zwei aktuellen Kunstprojekte »Ungefähr«  und »Das Maß der Vervollkommnung« , bei der sie sich mit der Botschaft, Ästhetik, aber auch Verschlossenheit der arabischen Schriftzeichen und Kalligrafie des Koran auseinander gesetzt hat.

Dr. Uri Kaufmann, Leiter der Alten Synagoge Essen, präsentierte daraufhin »seine« zwei Bilder: ein historisches Foto einer badischen Landsynagoge aus den 1920er Jahren, um zu demonstrieren, welche jahrhundertealte Kultur mit der Shoa und dem Naziregime für immer ausgelöscht wurde; und ein Gemälde von Max Liebermann (1847-1935) aus der Hamburger Kunsthalle, das den »Zwölfjährigen Jesus im Tempel« abbildet und 1879 entstanden ist. Uri Kaufmann erläuterte dazu, dass dieses Bild damals bei der preußischen Regierung eine Eklat auslöste, da diese sich in ihrer christlichen Ehre beleidigt fühlte: Christus könne man nicht als kleinen jüdischen Jungen darstellen. Hier, so Kaufmann, wäre der Antisemitismus, der später zur Katastrophe führte, schon in Grundzügen angelegt gewesen.

Den christlichen Ansatz stellte schließlich Dr. Holger Kempkens, Direktor des Diözesanmuseums Paderborn, mit zwei Bildern vor: Er wählte den kostbaren barocken Liborius-Schrein aus, einmal als Kunstwerk aus Gold, das die Pracht der Heiligenverehrung im katholischen Christentums veranschaulicht, dann aber auch »in Aktion«, bei der alljährlichen Schreinserhebung und Prozession durch Paderborn, als Zeichen einer lebendigen und aktuellen Heiligenverehrung. Das zweite Bild stammte von Ferdinand Hodler (1853-1918) im Kunsthaus Zürich und zeigte die Szene des »barmherzigen Samariters« von 1883 - in einem perspektivischen Bildaufbau, der das karitative Signal des Christentums eindringlich verdeutlicht: Die Verpflichtung jedes Christenmenschen, sich um die Kranken, Schwachen und Menschen in Not zu kümmern.

Letzteres Bild nahm Regierungspräsident Vogel in der abschließenden Podiumsdiskussion direkt auf und fragte nach der aktuellen karitativen Bereitschaft der Gesellschaft, die es zulässt, dass Menschen auf der Flucht an den Mittelmeerküsten Europas stranden und umkommen - und keiner sich ihrer erbarme? Im gemeinsamen Gespräch, an dem neben den drei Referent*innen und Herrn Vogel auch noch Akademiedirektor Prälat Peter Klasvogt und Studienleiterin Prof. Dr. Stefanie Lieb beteiligt waren, kam man zu dem vorläufigen Zwischenergebnis, dass der Trialog der Religionen vielmehr ausgebaut werden müsse, um die gemeinsamen kulturellen Werte kennen und schätzen zu lernen. Ein erster wichtiger Schritt sei mit dieser Veranstaltung geleistet worden.

Der »DOM« berichtet in seiner Ausgabe 46 vom 21. November 2021 über die Veranstaltung.