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»Bleiben wir Menschen der Hoffnung!«

Weihnachtsbrief des Akademiedirektors

Schwerte, im Advent 2025

Liebe Freundinnen und Freunde der Akademie,

dies ist mein erstes Weihnachtsfest als neuer Direktor – und ich gebe zu: Manches ist für mich noch neu, doch Sie haben mir den Anfang durch Ihre Offenheit und Zugewandtheit leicht gemacht. Schon vor meiner Amtseinführung im November erlebte ich viele offene Türen, freundliche Gesichter, ehrliche Nachfragen – dafür möchte ich Ihnen von Herzen danken. Schnell merkt man, wie sehr diese Akademie von Menschen lebt, die sich einbringen, die nachfragen und etwas wagen.

Das in Kürze zu Ende gehende Heilige Jahr hat uns eingeladen, als »PilgerInnen der Hoffnung« unterwegs zu sein. Hoffnung jedoch nicht als rosarotes Gefühl, sondern als Haltung, die uns gerade dann nicht davonläuft, wenn es schwierig wird. Ein chinesisches Sprichwort sagt: »Hoffnung ist wie der Zucker im Tee: Auch wenn sie klein ist, versüßt sie alles.« Mir gefällt das: Hoffnung macht die Realität nicht süßlich, aber sie nimmt ihr die Bitterkeit, die so vieles trübt und lähmt – gerade dann, wenn uns die Gegenwart fordert.

Gründe für Bitterkeit gäbe es genug: Kriege und Terror, gesellschaftliche Spannungen, innerkirchliche Polarisierungen, das Misstrauen in öffentlichen Debatten, die Erschöpfung vieler Menschen, auch in der Kirche. Und vielleicht kennen Sie das auch persönlich: Fragen, die drängender werden, als uns lieb ist; Sorgen, die nachts lauter sind als am Tag. Nichts davon wollen wir weg reden oder fromm übertünchen.

Weihnachten ist keine Flucht aus dieser Wirklichkeit, sondern Gottes Zuwendung mitten hinein in diese Realität: Gott kommt nicht als Problemlöser von oben, sondern als Kind, das alles andere als krisensicher zur Welt kommt – in jenem Land, das uns im vergangenen Jahr angesichts eines erschütternden Krieges besonders bewegt hat. Die Menschwerdung Gottes in Jesus Christus heißt: Gott schreckt nicht vor unserer zerbrechlichen Wirklichkeit zurück. Er stellt sich mitten hinein – mit einem Herzen, das fühlt, und mit Händen, die irgendwann schmerzende Wunden tragen. Weihnachten ist Gottes leises, aber starkes Ja zu einer Welt, die so oft Nein sagt.

Für unsere Akademie, die nicht enthoben über allem schwebt, heißt das: Wir nehmen ernst, was um uns herum geschieht; wir bieten das Jahr über vielen Menschen einen Ort, an dem sie ihre Wünsche und Hoffnungen ausdrücken, ihre Fragen und Sorgen aber nicht verstecken müssen. Und wo sie auch ein Stück geistige und menschliche Heimat finden können. Wo sie spüren, dass Katholisch-Sein nicht in die Enge führt, sondern weitet: Wo Glaube und Vernunft, Christsein und Zeitgenossenschaft sich nicht misstrauisch beäugen, sondern ins Gespräch miteinander kommen. Wo man streiten darf – und zwar respektvoll. Wo wir zusammen nach Wegen suchen, wie ein hoffnungsvoller Glaube und eine wache Verantwortung für die Welt zusammengehen können. Zugleich möchten wir im kommenden Jahr weiterhin Räume öffnen, in denen Glaube und Gegenwart sich kreativ begegnen, Hoffnung und verantwortliches Nachdenken wachsen können. Gemeinsam wollen wir neue Themen, Fragen und Herausforderungen unserer Zeit mutig in den Blick nehmen.

Dazu gehört auch das Bildmotiv, das wir für diese Weihnachtskarte ausgewählt haben:  Es stammt von der jungen ukrainischen Künstlerin Sinilha Lastivka aus Kiew, die seit drei Jahren in Schwerte lebt und 2023 »Artist in Residence«-Stipendiatin unserer Akademie war. Ihr Bild »Zündpunkt« zeigt den Moment einer Lichtexplosion am Himmel, der in der momentanen grausamen Realität des Ukraine-Krieges zunächst nur als Bedrohung gesehen werden kann. Die Künstlerin umgibt den hellen Lichtpunkt jedoch mit harmonischen Himmelsblautönen, so dass er für den Betrachtenden nun als Hoffnungsschimmer und Friedenszeichen erscheint und damit auch als »Zündpunkt« einer ganz anderen Wirklichkeit, die mit dem »Erscheinen der Güte und Menschenfreundlichkeit« (Tit 3,4) Gottes in der Geburt Jesu aufleuchtet: die Zivilisation der Liebe, an der Christen mitzuwirken berufen sind.

Ich freue mich darauf, in dieser Hoffnungsspur meinen Weg mit Ihnen weiterzugehen: neugierig, ehrlich, mit der Bereitschaft, voneinander zu lernen, und – wenn es darauf ankommt – auch mal mit Humor. Möge der Impuls des Heiligen Jahres der Hoffnung uns helfen, die Welt nüchtern zu sehen – und trotzdem mit dem Blick dessen, der weiß: Gott hat sie nicht aufgegeben. Bleiben wir Menschen der Hoffnung! Sie ist ein Licht, das gerade dann hell leuchtet – füreinander und für die Welt –, wenn die Wege dunkel werden.

Ihnen, Ihren Angehörigen und allen, die zu Ihrem Leben gehören, wünsche ich auch im Namen aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Akademie ein erfülltes, hoffnungsstarkes Weihnachtsfest sowie ein gutes und segensreiches neues Jahr!

Ihr

Msgr. Dr. Michael Menke-Peitzmeyer
Direktor der Katholischen Akademie Schwerte