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– Kunst und Kultur

Über das Aushungern von Kunst und Kultur in Corona-Zeiten

Statement von Stefanie Lieb und Ausstellungsankündigung

 

Der zweite Lockdown in Deutschland hat begonnen – und wieder trifft es vor allem die Kunst- und Kulturbranche hart. Zwar ist die Entscheidung der Politik nachzuvollziehen, dass man für eine bestimmte Zeit wenn möglich jeden zwischenmenschlichen Kontakt kleinhalten will und die Gefahren der »Geselligkeit« auch im Konzertsaal, im Theater, Opernhaus, Museum und Kino wittert – aber besonders hier? Ist diese Entscheidung der Totalschließung dieser Einrichtungen wirklich angemessen? Zumal viele dieser Institutionen seit dem ersten L0ckdown im März 2020 inzwischen akribisch konzipierte und gut funktionierende Hygienekonzepte erarbeitet haben? Ich denke nicht. Wenn man dazu noch die vergleichbaren Publikumszahlen betrachtet, die bei Theatern, Konzerthäusern und Kinos zuletzt bei im Schnitt 300 Personen lagen und auch noch weiter hätten heruntergefahren werden können auf die nun vorgeschriebenen 100 Personen, ist das alles andere als einleuchtend. Denn so eine vergleichbare Menschenmenge steht momentan auch bei den weiterhin geöffneten Großmärkten mit manchmal weniger Abstand an der Kasse oder schiebt sich durch die Fußgängerzonen Deutschlands. Und in den Museen und Kunstausstellungen besteht durch das System der Zeitfenster und Größenbeschränkung von angemeldeten Gruppen überhaupt nicht die Gefahr von geselligen Haufenbildungen!

Die Corona-Krise legt vielleicht die schon länger vorhandene Schieflage zwischen Kultur und Kommerz offen: Die Einordnung von Kulturveranstaltungen als reine Events des Freizeitvergnügens, die nebenbei auch noch viel Geld erwirtschaften müssen, damit sie ein Standing haben, greift viel zu kurz. Kultur ist eben auch, wie es ja momentan der weiterhin geöffneten Kirche zugeschrieben wird, ein »Ort für die menschliche Seele«, die ja zurzeit weltweit tatsächlich diese Krise irgendwie verarbeiten muss!

Die Künstler*innen und Kulturschaffenden selbst sind die großen Leidtragenden. Zwar haben sie im ersten Lockdown Geldförderungen vom Staat erhalten und auch für die zweite Schließung sind erneute Zahlungen angekündigt – dennoch kommt die Situation für sie einem Berufsverbot gleich. Natürlich gibt es für Künstler*innen auch immer die Schaffensphase des kreativen Rückzugs – hier ist der zwischenmenschliche Kontakt vielleicht nicht dringend notwendig –, aber spätestens, wenn es um ein Feedback und um die Präsentation vor einem Publikum geht, ist der leibhaftige Austausch maßgeblich. Davon lebt Kunst, und nur daran kann sie sich entwickeln. Wenn diese Prozesse immer wieder ausgebremst werden und keine Perspektive am Horizont erscheint, kann das zu einem Absterben der autonomen Kunst- und Kulturszene in Deutschland führen, für die das Land bis jetzt weltweit so gerühmt wurde. Für die Zeit nach dem derzeitigen Herunterfahren müssen unbedingt Alternativen für Kunst und Kultur gefunden werden, die ihr das Weiterbestehen sichern, denn sonst haben wir nach der irgendwann erfolgreichen Austrocknung des Virus unsere Kultur mit ausgehungert.

 

In der Akademie startet ab Dezember 2020 die Ausstellung »lebenszeichen« mit Präsentation von Kunstwerken des sogenannten Corona-Blogs auf der Homepage der Akademie, den wir bereits im März 2020 eingerichtet haben und bei dem Künstler*innen der Akademie ihre Arbeiten zur Corona-Krise zur Verfügung gestellt haben. Diese werden hoffentlich dann ab Dezember in einer Gruppenausstellung in den Räumen der Akademie gezeigt.

 

Vorläufige Ausstellungsdauer (Corona-Änderungen vorbehalten):

06. Dezember 2020 bis 11. April 2021

 

Zeitnahe Informationen werden auf der Homepage der Akademie und in der Presse bekanntgegeben.

(Stefanie Lieb)